Es war einmal ein gewöhnlicher Mann. Er hatte nie an Wunder geglaubt. Doch was sich die nächsten Tage ereignen würde, würde dies ändern. Am Ende eines längeren Arbeitstages kam er nach Hause, ließ sich ohne Umschweife ins Bett sinken und fiel sogleich ins Land der Träume.
Dort traf er seine wundervolle Frau. Zusammen spazierten sie einen Weg entlang, der sich durch das Herz eines großen Waldes schlängelte. Sie erzählten sich, was ihnen gerade in den Sinn kam, lachten und genossen den Spaziergang. Plötzlich sagte sie: „Wenn du mich wiedersehen möchtest, musst du lediglich an mich denken.“
„Das klingt ja, als würdest du gehen wollen“, wunderte er sich. Anstatt etwas zu sagen, lächelte sie nur. Mit einem Mal blieb sein Fuß an einer dicken Wurzel hängen. Er schaute hinunter und riss sie mit aller Kraft aus dem Boden. Als er wieder hochschaute, war die Frau verschwunden. Besorgt folgte er dem Waldweg. Vielleicht versteckte sie sich bloß hinter dem nächsten Baum. Doch bevor er die nächste Abzweigung erreichte, erschien aus dem Unterholz eine kleine Gruppe zwielichtiger Gestalten. Offensichtlich waren es Banditen, denn jeder von ihnen hatte entweder ein Messer oder Dolch in der Hand. Sie lachten den Mann hämisch an. Im nächsten Moment attackierten sie ihn.
In dieser Sekunde wachte er auf. Einerseits war er froh, auf der anderen Seite war er auch etwas enttäuscht. Trotz des aufwühlenden Traumes konnte er recht schnell wieder einschlafen, aber keine Träume folgten mehr in dieser Nacht.
Die Sirene läutete wie jeden Tag die Mittagszeit ein. Gelangweilt schlenderte er zur Essensausgabe. Da erinnerte er sich wieder, was sie im Traum zu ihm gesagt hatte. Er wollte sie unbedingt wieder sehen und so versuchte er sie die ganze Zeit in Gedanken zu behalten bis es schließlich Abend wurde. Er glaubte nicht wirklich, dass es funktionieren würde, doch das tat es.
Im Traum schritt er zunächst einen schmalen Trampelpfad entlang. Alsbald endete dieser an einer kleinen Holzhütte. Ohne darauf zu achten, was sich noch bei der Hütte befand, öffnete er die alte Tür und trat ein. Und tatsächlich, da war sie auf einem Sessel mitten im Raum und wartete nur auf ihn…
Die Träume waren jedes Mal gleich und dennoch genoss er sie immer mehr. Aber umso mehr er sich an ihnen erfreute, desto mehr missfiel ihm der Tag. Den ganzen Tag lang dachte er nur noch an sie. Er dachte, das Einzige, was ihn glücklich machen könnte, wäre sie, obwohl ihm bewusst war, dass er sie nie wieder wirklich treffen wird können. Mit der Zeit wurde es schlimmer. Schnell war er am Tag verärgert und trübsinnig. Er störte sich an allem, was ihm widerfuhr. Nun wollte er nicht mehr warten, bis es Abend wurde. Sobald er von der Arbeit nach Hause kam, legte er sich ins Bett und versuchte einzuschlafen.
Der darauffolgende Traum war anders als die anderen. Als er dieses Mal die Holzhütte erreichte, stand jemand neben der Tür, den er zuvor nie bemerkt hatte. Es war ein alter Mönch. Während er die Tür öffnete, sagte der Mönch: „Weißt du, warum dein Geist gefangen ist wie ein Fisch am Haken?“
Der Mann beachtete den Mönch kaum und trat ein…
Einige Tage später stand er am Bahnhof und wartete auf den Feierabendzug. Da fiel ihm die Frage des Mönches wieder ein und wollte nicht so recht aus seinem Kopf. Zuerst dachte er, es ist klar, dass der Fisch gefangen wird, weil er hungrig ist und nach dem Köder schnappt. Sein Fehler ist also etwas zu essen? Aber wenn er nichts isst, wird er ebenfalls sterben. Also wie sollte ihm das bitte helfen? Plötzlich realisierte der Mann, dass hungrig zu sein etwas ganz Natürliches und nichts Verwerfliches ist. Der Fisch wird nicht wegen dem Köder gefangen, sondern weil er an diesem festhält und nicht mehr loslässt. Da wusste der Mann, dass es nicht mehr nötig war ständig an sie zu denken. Mit dieser Erkenntnis begannen sich seine Gedanken sogleich zu beruhigen und für einen Moment konnte er die Stille sogar genießen.
Wenn er nun ab und an von ihr träumt, kann er sich ohne Bedauern an ihrer Gesellschaft erfreuen. Am Morgen wacht er dann mit einem zufriedenen Lächeln auf und schaut gen Himmel.