Ein Mönch von hinten schaut auf Berge und einen roten Sonnenuntergang hinab.

Der Gott des Todes und der Mönch

Eines traurigen Tages war der Meister des Tempels friedlich eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Als die Mönche dies bemerkten, wuselten sie alle herbei und gaben ihm die letzte Ehre. Man klagte, betete und schmückte seinen Leib mit getrockneten Blütenblättern. Einer der Mönche konnte sein Tränen nicht mehr zurückhalten und fiel vor dem Meister auf die Knie. Plötzlich erschien Katox – der Gott des Todes – vor ihnen. Erschrocken wichen die Mönche zurück, bis auf den einen, der gerade am Boden kniete. Dieser schaute den Gott etwas ungläubig an. Ohne Umschweife ergriff Katox das Wort: „Oho, du bist wohl einer von der mutigen Sorte?“
Er musterte den Mönch kurz. Dann fuhr er fort: „Ich kann euch sicher behilflich sein. Wollt ihr nicht, dass ich euren Meister wieder zurück ins Leben bringe?“
Da stand der Mönch mutig auf und antwortete: „Oh großer Katox, führe uns nicht in Versuchung. Seine Zeit war wohl gekommen und uns steht es nicht zu, so etwas zu verlangen.“
Katox entgegnete: „Aber vielleicht kann ich ob des Verlustes etwas Gutes tun. Wie wäre es mit einer Wagenladung Gold als Ausgleich?“
„Unser Meister hat uns stets Bescheidenheit gelehrt. Wir haben hier alles, was wir brauchen“, erwiderte der Mönch.
„Ihr könntet damit sicher viel bewirken. Wenn schon nicht für euch. So gebt es doch den Armen“, versuchte ihn Katox zu überzeugen.
„Das klingt sehr reizvoll. Aber solch göttliche Eingriffe, kommen doch nie ohne Preis. Ich kenne all deine Geschichten, oh Katox.“
„Das ist wahr. Vielleicht… muss es sich nur richtig lohnen“, meinte Katox und offerierte: „Wie wäre es mit der Macht, Kriege zu verhindern oder die selbstsüchtigen Könige zu stürzen? Selbst wenn du dafür am Ende deine Seele geben müsstest, würdest du es doch tun, oder nicht?“
Der Mönch entgegnete: „Das klingt wahrlich verlockend. Doch es widerspricht dem natürlichen Lauf der Dinge. Alles braucht seine Zeit. Das ist der einzig wahre Weg.“
Katox begann zu lächeln, was meist kein gutes Zeichen war und sagte: „Ich sehe, du bist ein wahrer Gläubiger. Drum erhältst du etwas von mir, ohne dass du im Stande sein wirst, es abzulehnen.“
Das erste Mal blitzte Angst in den Augen des mutigen Mönches auf. Die anderen Mönche schreckten weiter zurück und versuchten sich hinter der spärlichen Einrichtung zu verstecken. Katox zeigte mit seinem Finger auf den Mönch und sagte: „Hiermit ernenne ich dich zum neuen Meister des Tempels. Mögest du ihn weise führen, bis dein letzter Tag auf Erden gekommen ist.“

Hinterlasse einen Kommentar