Land des Friedens

Ich lebe hier in einem düsteren Hort
Hab aber gehört von dem perfekten Ort
So mach ich mich dahin auf
Klettere einen steilen Berg hinauf
Sehe von weiten das blühende Land
Da nimmt mich der Wind an die Hand
Führt mich durch ein goldenes Tor
Nun höre ich einen Engelschor
Das Vergangene fällt ab von mir
Ich beginn ein neues Leben hier

Ich streife durch grüne Weiden
Genieße den kühlen Schatten der Heiden
Lande an einem weiten Strand
Über mir ein strahlendes Wolkenband
Das Meer singt leise sein Lied
Keine Note erzählt was von Krieg
Die Sonne beendet schön ihren Weg
Als ob ein Phönix im Meer untergeht
Die Nacht wird lieblich geboren
Zu einer dunklen Fee erkoren
Wird Zeit sich schlafen zu legen
Lass Schlafsand über mich hinwegfegen

Der harte Grund lässt mich aufschrecken
Sehe, wie sich mir Gebeine entgegenstrecken
Das Land wurde auf Toten erbaut
Hat sich das Glück von anderen geklaut
Mit klarem Verstand renn‘ ich los
Da gibt mir der Wind einen Stoß
Wirbelt mich raus ins Lügenmeer
Von meiner Blindheit geschickt, durchbohrt mich ein Speer

Der Sprung

Hand in Hand
Gehen wir an den Rand
Das Flugzeug stäubt vor Funken
Wir schauen nach unten
Springen ganz verwegen
Dem Paradies entgegen
Verlassen dieses verrostete Schiff
Schweben durch ein Wolkenriff

Der Boden nähert sich
Wir ziehen an unserer Leine
Der Fallschirm öffnet sich nicht
Erschrocken schau ich an meine Seite

Was haben wir uns dabei gedacht?
Du scheinst nicht überrascht
Ich zieh dich an mich heran
Du schmunzeltest mich an
Wie ist das eigentlich gemeint?
Eine dunkle Gestalt erscheint
Entreißt dich aus meinen Armen
Ich flehe ‚bitte hab Erbarmen‘

Der Boden nähert sich
Ich zieh an meiner Leine
Der Fallschirm öffnet sich nicht
Ich schau an meine leere Seite

Du segelst gemütlich zur Erde
Nicht nur eine Scherbe
Zerreißt mein Fleisch
Meine Haut wird bleich
So tödlich dein letzter Blick
Das war’s für mein Genick
Ich lande in einem bunten Beet
Du springst fröhlich über meinen Körper, der reglos am Boden klebt

Abschied

In einer Winternacht
Wurdest du zum Friedhof gebracht
Dein Körper wurde zu Grabe getragen
Stille überall, niemand wollte etwas sagen
Langsam wurdest du nach unten gelassen
Ich konnte es nicht fassen
Sank auf die Knie
Ich hielt es nicht mehr aus und schrie
Wäre ich doch mitgegangen
Warum war ich von Furcht befangen?

Nach einem kurzem Schlummer
Hinterließ ich einen Blumenstrauß voll Kummer
Musste all meine Kräfte ballen
Und verließ diese trostlosen Hallen
Gefüllt mit Dunkelheit und Trauer
Ein letztes Mal schaute ich zurück zur Friedhofsmauer
Etwas hab ich mit herausgetragen
Was es ist, kann ich nicht genau sagen
Nun sehe ich wie durch andere Augen
Und ich weiß, dass kann mir niemand rauben

Der Feind in meinem Kopf

Erwartungsvoll liege ich im Schützengraben
Hab mein Gewissen längst erschlagen
Meine Gier nach Blut ist unermesslich
Mein Herz rast ganz fürchterlich

Ich nehme den ersten Feind ins Visier
Freude macht sich breit in mir
Aus meinem Todeswunsch mache ich keinen Hehl
Warte nur auf meinen Befehl

Doch was müssen meine Augen da erblicken
Der Feind lässt einen Boten zu uns schicken
Wie ein startendes Shuttle
prescht er in eilem Galopp auf mich zu
Hastig springt er aus dem Sattel,
verliert dabei sogar einen Schuh

Erschöpft macht er vor mir Halt
Mein Herz sich zusammenballt,
wie getroffen von einem Schuss,
als ich entdecken muss,
was er mir entgegenstreckt,
was wie eine Niederlage schmeckt

Einen weißen Umschlag hält er in der Hand
Einen Friedensvertrag, für mich ein tödliches Band,
welches nicht geschlossen werden darf
Wie unter einem Bann
mache ich meine Waffe scharf
Ein Donner kündet Unheil an

Ein Blitz durchzuckt den Boten schnell
Für einen Augenblick wird alles hell
Nächst fällt er auf die Knie
Ich heb mein Gewehr und schlag ihn nieder,
als wäre er wertloses Vieh
Mein Körper füllt sich mit Wärme wie unter Fieber

Die Spannung hat sich sogleich gelöst
Zudem hatten wir unsere wahre Absicht entblößt
Niemand hörte mehr auf Worte
Sie war geöffnet, die Höllenpforte

Begeistert stürm ich in den nächsten Graben
Grinsend kann ich mich daran erlaben,
wie der Feind zu fliehen versucht,
wie er schreiend Gottes Gnade ersucht
Dabei spiel ich den wahren Richter hier,
denke ich zumindest mir

So schnell ich rennen kann,
eile ich voller Stolz voran
Als Erster erreiche ich die feindlichen Gräben
Vergesse ganz mein eigenes Leben
Ein zweiter Blitz erhellt das Feld
Erst jetzt erkenn ich meine innere Welt
Aus dem Nichts erscheint ein Feind vor mir
Nur ich war nach vorn gestürmt, es gab kein wir

Der Mann hebt sein Gewehr
Seine Augen vor Rache ganz kalt und leer
Mit einem tödlichen Schuss
richtet er über meine böswillige Tat
Wusste ich doch, dass es in einem Blutbad
und in nichts anderem enden muss

Glühwürmchen

Eine Frühlingsbrise lässt die Blätter erzittern
Der kühle Regen macht es unmöglich
Ein anderes Glühwürmchen zu wittern
In seiner Einsamkeit friert das Tierchen bitterlich
Obwohl es sicher und geborgen am Eichenstamm sitzt
Unglücklich krabbelt es zur Krone hinauf
Der Regen nimmt zu, es donnert und blitzt
Der Himmel schlägt seine letzten Augen auf

Von hier oben lässt es seinen Blick in die Ferne schweifen
Das Umland ist dagegen ganz von Dunkelheit umhüllt
Ein kleines Licht nicht weit von hier lässt Hoffnung in ihm reifen
Doch es ist nur ein Blitz, der den Wald mit Helligkeit erfüllt
Traurig schüttelt es Regentropfen aus seinen nassen Flügeln
Dabei öffnet es sie, als wären sie eine Last
Bevor es dazu kommt, über seinen nächsten Schritt zu grübeln
Wird es von einer heftigen Windböe erfasst

Mit aller Kraft kämpft es gegen den Wind
Um nicht am nächsten Baum zerdrückt zu werden
Erst als seine Beine auf einem festen Stein gelandet sind
Kann niemand mehr sein Glück verderben
Denn nicht weit von hier leuchtet es hinter einem Hain
Voller Vorfreude krabbelt es dorthin
So wird es umgarnt von des Feuers Schein
Brennende Flügel sind nun sein Gewinn

Vor Schmerzen rennt es wild umher
Nur weg von diesem Flammenmeer
In einer kleinen Pfütze findet es Erlösung
Sein Schicksal hingegen erfährt eine Entblößung
Der furchtbarsten Art
Sein Herz wird immer blasser
Bevor das Tierchen endgültig erstarrt
Ertrinkt es qualvoll im dunklen Wasser

Tränen des Himmels

Aus dem Himmel kommt es her
Ich freu mich schon so sehr
Engel weinen es ohne Trauer
Leider ist es von kurzer Dauer

Der Segen gleitet durch die Nacht
Wie eine glitzernde Fee die lacht
Vom Kind des Windes getragen
Landet es in meinem Laken

Trifft auf meinen Schopf
Kühlt mir schön den Kopf
Berührt es mich? Ob es sich das traut?
Ja, liebevoll streichelt es meine Haut
Wie es niemand sonst vermag
Warum bleibt es nicht den ganzen Tag?

Es öffnet meine Seele fein
So glücklich will ich ewig sein
Wie kann man sich nicht daran schmiegen?
Wie kann man es nicht lieben?
Drum widme ich diese Zeilen ganz allein
Diesen Tränen, sie werden nie was anderes sein